An Karoline
Eilet raschen Flugs dahin,
Eilt, ihr trägen Augenblicke,
Daß mein lieberfüllter Sinn
Meine Lina bald erblicke,
Sie, die meinem Herzen, ach! so nah,
Nie mein schwermutsvolles Auge sah!
Daß ich an ihr klopfend Herz
Traulich-brüderlich mich schmiege,
Süß vergessend jeden Schmerz,
Jede Sorg im Schlummer wiege,
Und versenkt in Himmelsschwärmerei
Nur in Lina lebe, webe, sei!
Ha! wenn dann mich hochentzückt
Sie mit sehnendem Verlangen
An den Schwesterbusen drückt!
Wie wird dann auf meinen Wangen
Süß beglückter Liebe Feuer glühn!
Geist und Sinnen werden vor mir fliehn!
Trunken, meiner unbewußt,
Werd ich denken nur sie können;
Doch, durchglüht von reiner Lust,
Wird mein Blick sie Schwester nennen,
Ausdrucksvoll ihr sagen, was, zu schwach,
Sprache nachzubilden nicht vermag!
Schließe Lina, bald den Bund,
Der an Seele Seele kettet,
Der aus diesem Erdenrund
Uns in beß're Spären rettet,
Den von seines Thrones Herrlichkeit
Hoch der Vater sieht und benedeit!
Nie zerreißt ein Liebesband,
Von der Tugend selbst geschlungen.
Siehst du nicht im Sternenland,
Wenn wir endlich ausgerungen
Dieses Pilgerleben, ausgeweint
Jedes Leiden, dort uns fest vereint?
Sie, die sich mit heißer Gier
Nach Unsterblichkeiten sehnet,
Diese Seele, die sich hier
Stets an jene Hoffnung lehnet —
Sieh! der ew'ge Vater gab uns sie,
Und er täuschte seine Kinder nie!
Wilhelm von Humboldt
Geboren am 22.6.1767 in Potsdam; gestorben am 8.4.1835 in Tegel bei Berlin.
Er schrieb dieses Gedicht im August 1788. Sein Bruder Alexander von Humbold ist heute noch bekannter. Wilhelm zählte zum Freundes- gar Beraterkreis von Schiller und Goethe.
Ausführliche Biographien finden Sie bei Gutenberg.Spiegel.de und Wikipedia.
Eilt, ihr trägen Augenblicke,
Daß mein lieberfüllter Sinn
Meine Lina bald erblicke,
Sie, die meinem Herzen, ach! so nah,
Nie mein schwermutsvolles Auge sah!
Daß ich an ihr klopfend Herz
Traulich-brüderlich mich schmiege,
Süß vergessend jeden Schmerz,
Jede Sorg im Schlummer wiege,
Und versenkt in Himmelsschwärmerei
Nur in Lina lebe, webe, sei!
Ha! wenn dann mich hochentzückt
Sie mit sehnendem Verlangen
An den Schwesterbusen drückt!
Wie wird dann auf meinen Wangen
Süß beglückter Liebe Feuer glühn!
Geist und Sinnen werden vor mir fliehn!
Trunken, meiner unbewußt,
Werd ich denken nur sie können;
Doch, durchglüht von reiner Lust,
Wird mein Blick sie Schwester nennen,
Ausdrucksvoll ihr sagen, was, zu schwach,
Sprache nachzubilden nicht vermag!
Schließe Lina, bald den Bund,
Der an Seele Seele kettet,
Der aus diesem Erdenrund
Uns in beß're Spären rettet,
Den von seines Thrones Herrlichkeit
Hoch der Vater sieht und benedeit!
Nie zerreißt ein Liebesband,
Von der Tugend selbst geschlungen.
Siehst du nicht im Sternenland,
Wenn wir endlich ausgerungen
Dieses Pilgerleben, ausgeweint
Jedes Leiden, dort uns fest vereint?
Sie, die sich mit heißer Gier
Nach Unsterblichkeiten sehnet,
Diese Seele, die sich hier
Stets an jene Hoffnung lehnet —
Sieh! der ew'ge Vater gab uns sie,
Und er täuschte seine Kinder nie!
Wilhelm von Humboldt
Geboren am 22.6.1767 in Potsdam; gestorben am 8.4.1835 in Tegel bei Berlin.
Er schrieb dieses Gedicht im August 1788. Sein Bruder Alexander von Humbold ist heute noch bekannter. Wilhelm zählte zum Freundes- gar Beraterkreis von Schiller und Goethe.
Ausführliche Biographien finden Sie bei Gutenberg.Spiegel.de und Wikipedia.
immo de - 8. Apr, 07:41
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