Donnerstag, 23. Dezember 2004

Im Schnee

Wie naht das finster türmende
Gewölk so schwarz und schwer!
Wie jagt der Wind, der stürmende,
Das Schneegestöber her!

Verschwunden ist die blühende
Und grüne Weltgestalt;
Es eilt der Fuss, der fliehende,
Im Schneefeld nass und kalt.

Wohl dem, der nun zufrieden ist
Und innerlich sich kennt!
Dem warm ein Herz beschieden ist,
Das heimlich loht und brennt!

Wo, traulich sich dran schmiegend, es
Die wache Seele schürt,
Ein perlend, nie versiegendes
Gedankenbrauwerk rührt!

Gottfried Keller (*19. Juli 1819 in Zürich; † 15. Juli 1890 in Zürich)
gefunden bei gutenberg.spiegel.de

Mittwoch, 22. Dezember 2004

Giovanni Boccaccio

"…Boccaccio wurde 1313 in Paris geboren. Er entstammt einer Liaison eines florentinischen Kaufmanns mit einer französischen Adligen. Boccaccio wuchs in Florenz auf und begann dort eine kaufmännische Lehre, die ihn 1330 nach Neapel führte. 1332 gab er den Kaufmannsberuf auf, um sich dem Studium der Rechte zu widmen. Er verbrachte einige Jahre am Königshof in Neapel und begann dort seine dichterische Laufbahn. 1340 kehrte er nach Florenz zurück, wo er das Amt eines Richters und Notars antrat. Diplomatische Missionen führten ihm 1365 zu Papst Urban V. und 1367 nach Rom. 1373 hielt er noch Vorlesungen über Dantes "Göttliche Komödie", dann zog er sich auf sein Landgut bei Florenz zurück, wo er am 21.12.1375 starb.…"

also vor 629 Jahren. Lesen Sie mehr bei Spiegel Projekt Gutenberg DE

Boccaccio ist natürlich berühmt für sein Decameron. Auch das können Sie online lesen.

Selbstvergessenheit

nach Li Tai Bo (701-762)

Der Strom - floss,
Der Mond vergoss,
Der Mond vergaß sein Licht - und ich vergaß
Mich selbst, als ich so saß
Beim Weine.
Die Vögel waren weit,
das Leid war weit,
und Menschen gab es keine.


Klabund
(1890-1928)

aus: Klabund. Chinesische Gedichte. Nachdichtungen.

aufgelesen bei Raumwelten

Dienstag, 21. Dezember 2004

"ANDERE BIBLIOTHEK"

Hans Magnus Enzensberger will kündigen

Anspruchsvoll, eigensinnig und kostbar ist sie, die exklusivste Buchreihe Deutschlands: Die "Andere Bibliothek" wird ihrem Namen voll und ganz gerecht. Ihre Herausgeber Hans Magnus Enzensberger und Franz Greno wollen das Renommierprojekt allerdings vorzeitig beenden. Der Eichborn-Verlag ist not amused.

Das ganze ist sehr bedauernswert, sollte es dabei bleiben. Lesen Sie die ganze Geschichte bei Spiegel online.

Pudding in Rosen …

Pudding in Rosen
welch seltsamer Reim
Wortspiele kosen
es muß nicht logisch sein

Rosen im Park
Freude und Zierde
ihr Duft anziehend stark
weckt unsere Begierde

Rosen, ob solo oder gebunden
Ausdruck symbolischer Geste
Sie können so vieles bekunden
geschaffen zu diesem Feste

Rosen in allen Varianten
Ob Natur, Worte, ob Bild
Ob Lied von Musikanten
Sehnsucht Dir erfüllt

So wünsch ich Dir Rosen
In jeglicher Art und Zahl
Dazu noch Pretiosen
Geh mit – Du hast die Wahl


Hintergrund: ein geistig Behinderter gewann mit seinem Bild einen Preis anlässlich der Einweihung eines neuen Betreuungsheims. Sein Bild hieß "Pudding in Rosen". Dazu sollten die Verse passen.

Weihnachten

Markt und Straßen stehn verlassen,
still erleuchtet jedes Haus
sinnend geh ich durch die Gassen,
alles sieht so festlich aus.

An den Fenstern haben Frauen
buntes Spielzeug fromm geschmückt,
Tausend Kindlein stehn und schauen,
sind so wundervoll beglückt.

Und ich wandre aus den Mauern
bis hinaus ins weite Feld,
hehres Glänzen, heil'ges Schauern!
Wie so weit und still die Welt!

Sterne hoch die Kreise schlingen,
aus des Schnees Einsamkeit
steigt's wie wunderbares Singen -
O du gnadenreiche Zeit!


von Joseph von Eichendorff

Montag, 20. Dezember 2004

Vereinsamt

Die Krähen schrein
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnein, -
Wohl dem, der jetzt noch - Heimat hat!

Nun stehst du starr,
Schaust rückwärts, ach! wie lange schon!
Was bist du Narr
Vor Winters in die Welt entflohn?

Die Welt - ein Tor
Zu tausend Wüsten stumm und kalt!
Wer das verlor,
Was du verlorst, macht nirgends Halt.

Nun stehst du bleich,
Zur Winter-Wanderschaft verflucht,
Dem Rauche gleich,
Der stets nach kältern Himmeln sucht.

Flieg, Vogel, schnarr
Dein Lied im Wüstenvogel-Ton! -
Versteck, du Narr,
Dein blutend Herz in Eis und Hohn!

Die Krähen schrein
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnein, -
Weh dem, der keine Heimat hat!

Friedrich Nietzsche

Sonntag, 19. Dezember 2004

noch ein schwäbisches Weihnachtsgedicht

„Vom Hemmel hoch do komme her“
hann i erlebt, des isch koi Mär.
Ballonfahra am Bodasee,
isch fascht wie Weihnachta so schee.

Lautlos schwebscht, en d’Ronde gucka,
ab ond zu duat’s Feuer spucka,
damit die Kugel Auftrieb kriagt,
d’Schwerkraft net an Boda ziagt.

Von oba kann’sch die Menschla seha,
s’gmustert Feld vom Traktormäha.
Sieht älles kloi wie Spielzeug aus:
en Zug, a Auto, dort a Haus.

Wenn mr des ganze reflektiert,
em Weitblick gar philosophiert,
dr Oinzelne koasch kaum erkenna,
Gruppa doant scho eher gwenna.

Die Oinzelne müaßt zammasteha,
no kann mr se net überseha.
Des gilt en alle Lebenslaga,
mit g’ballter Kraft die Ziele waga.

Weihnachta isch guat zom bsenna,
amol a bissle Abstand gwenna.
Einsicht, Aussicht – was wird komma?
Isch’s Tal durch, dr Berg erklomma?

Für’s Neue Johr Impuls ond Ziel,
Feuer, Gsondheit, Elan recht viel.
Des wenschet mir von Herza gern,
an Freind ond Partner, nah ond fern.


wer es gern downloaden möchte, hier als pdf-file oder als doc-file, das letztere ist in den Bildern schärfer.

Freitag, 17. Dezember 2004

schwäbische Weihnacht

I han’s no en d’Ohra drenn,
was letscht Johr d’meischt versproche henn:
Friede überall auf dr Erda
s’war bloß z’kurz, jetzt gibt’s Beschwerda

d’Wirtschaft hätt steil wachsa solla,
älle schöpfet aus d’Volla.
d’Arbeitslosazahl steigt nuff,
d’Regierung sagt, des sei koin Bluff.

Wer isch schuld an sodde Fehlprognosa?
Zerscht s’Maul vollnemma, nochher volle Hosa.
Net bloß Gurus, Bosse ond s’Kabinett
mir älle, d’Gsellschaft steueret om d’Wett.

Was sollet mr doa: Apacka, denka?
Warta? s’wird scho oiner lenka?
Ob’s omal dr Hemmel richtet,
en dr Welt d’Streitereia schlichtet?

Dazu isch zur Weihnachtszeit
Olass, dass mr älls verzeiht.
d’Hand reicht ond a noble Gescht,
no koas werde s’beschte Fescht.

Hoff’mr älle, dass so wird
om ons rom dr Engel schwirrt.
Mit seim Sega älle osteckt
ond en ons dr Frieda weckt.

Mir wenschet Äpfel, Nüss ond Kerza,
a bissle Glück ond frohe Herza
Ond wenn’r z’viel hend, gebet ab,
no wird’s gerecht ond niemand knapp.

Dienstag, 14. Dezember 2004

Der Erlkönig anno 2004

Wer surft so spät durch Nacht und Netze?
Es ist der User in wilder Hetze!
Er hält sein Windows fest im Arm,
und auch dem Modem ist schon warm.

"Mein Windows, was birgst du so bang dein Gesicht?"
"Siehst User du das Virus nicht?
den Trojanerkönig mit Macro und Wurm?"-
"Mein Windows es ist nur ein Datensturm."

"Betriebssystem, komm geh mit mir!
Gar schöne Spiele spiel ich mit dir;
Manch bunte Websites sind an dem Strand
und auf den Servern gibt's viel Tand."

"Mein User, mein User und hörest du nicht,
was der Virus mir leise verspricht?"
"Sei ruhig , bleibe ruhig, mein Kind,
es piepst nur das Modem, das wieder mal spinnt"

"Willst feines Windows du mit mir gehen?
Mein Macro soll dich kitzeln schön,
meine Routinen werden die Bytes dir recht schütteln
und löschen und deine Dateien gut rütteln!"

Mein User, mein User und siehst's du nicht dort
Trojaners EXE am düsteren Ort
"Mein Windows, mein Windows ich seh's genau
es glimmt doch mein alter Schirm nur so grau"

"Ich liebe dich, mich reizt deine DLL
und willst du gleich booten, dann lösch ich dich schnell!"
"mein User, mein User die Platte läuft an,
Trojaner hat mir ein Leid angetan"

Dem Surfer graut's , er klickt geschwind,
und in der Leitung das Bit gerinnt
er kappt die Verbindung mit Müh' und Not
jedoch zu spät - der Bildschirm bleibt tot.


gefunden im Web, anonymer Schreiber

die hohen Tannen …

Die hohen Tannen atmen heiser
im Winterschnee, und bauschiger
schmiegt sich sein Glanz um alle Reiser.
Die weißen Wege werden leiser,
die trauten Stuben lauschiger.
Da singt die Uhr, die Kinder zittern:
im grünen Ofen kracht ein Scheit
und stürzt in lichten Lohgewittern,-
und draußen wächst im Flockenflittern
der weiße Tag zur Ewigkeit.

Rainer Maria Rilke

Dienstag, 30. November 2004

Lurchi Gedichte



Kürzer geht es kaum. Lesen Sie den heiteren und doch ernsteren Hintergrund bei IT&W.

Das Nibelungenlied

|: Hagen sagt: Das Ding, das läßt sich machen :|
Als der Siegfried an 'ner Quelle lutscht,
Da stößt er ihm 'nen Speer innen Balg,
Da war der Siegfried futsch.

Darum ihr stolzen Recken
Tut nie anne Quelle lecken.
Und habt ihr einmal große Pein,
Dann trinkt 'ne Pulle Wein.

Jörg Kantel

von der Schockwellenreiter dichtet nun auch, lesen Sie dort den ganzen Beitrag

Montag, 29. November 2004

Herbsttag

Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin, und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Rainer Maria Rilke

Sonntag, 28. November 2004

Was stoahd au en dr Zeidong

Kaffee bloasa, Zeidong lesa,
was gibt’s Neus, was isch denn gwesa.
So muaß s’Frühstück äll Dag afanga,
sonschd kennschd ned zom Schaffa ganga.

Am schönschda isch’s, was mr scho kennd
ond sich dr Schreiberling verrennt,
zomma Thema, selbschd bisch Meischder,
was schreibed die für Scheibakleischder.

Des macht Spaß, a bissle schempfa.
Mr kennd’se mit’ma Leserbriaf empfa.
Solle me ärgera oder esse no en Wecka?
Solle gähna oder duan’e me strecka?

Sodde Endscheidunga am früha Morga.
S’Hirn schloaft no faschd, han andere Sorga.
Jetzt hanne Kaffee auf d’Zeidong glebberd,
mei Frau wird schempfa dass’es schebberd.

Dr’bei isch d’Zeidong heut bädschnass
s’hot gregned, s’Wedder macht koin Spass.
Ond was stoaht do zom Wedder drenn?
Grad s’Gegadail, i glaub i spenn.

Em Sportdeil send’se Patriota
obwohl die kickt’hen wie Idiota
do sieht mr halt, wenn onsere kicket
isch Objektivität verzwicket.

d’Wirtschaft könnt so spannend sei,
doch fällt dem Redakteur nix ei.
Abschreiba was d’Agentur scho tickert
ond geschtern scho’mol ghört vom Wickert.

Also Neus stoaht heut nix drenna,
gibt’s sonschd no ebbes z’gwenna?
Sonscht gucke halt en’s Internet,
s’isch fixer als a Offline-Set.

So könnt’e grad auf’s Blatt verzichta,
schnell en Blick en’s Web däd’s richta.
Aber i kennt net zom Frühstück,
schempfa mit’ma Blick zurück.
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