Montag, 10. Januar 2005

Poesie in zerrissenem Glauben

Heute vor 208 Jahren wurde Annette von Droste-Hülshoff geboren.

"…Der Glauben wird durch die Macht des Lebens und des voranschreitenden Wissens bedroht: Wie eine „spitze Felsenlast“ lagern die „übermüt'gen Fragen“ in ihrem „leeren Herzen“, sie „kann sie nicht verbannen“. Für Annette von Droste-Hülshoff „war weltlich Wissen die eitle Frucht“. Am 10. Januar 1797 wurde diese Dichterin auf dem Familiengut Hülshoff bei Münster geboren, die der Nachwelt Rätsel über Rätsel aufgeben sollte ob der Zerrissenheit ihres Gesamtwerkes. Was sie bis zu ihrem Tode am 25. Mai 1848 hinterlassen hat, ist nicht viel, und sie hat selbst bestimmt, was davon erhaltenswert ist und was nicht: Einen großen Teil ihrer Entwürfe hat sie verbrannt. …"

Den vollständigen Aufsatz können Sie bei Martin Teske lesen. In Gutenberg.Spiegel.de finden Sie wie immer Werke, Gedichte und Beschreibungen.

Sonntag, 9. Januar 2005

Der Jüngling am Bache.

An der Quelle saß der Knabe,
Blumen wand er sich zum Kranz,
Und er sah sie fortgerissen,
Treiben in der Wellen Tanz.
Und so fliehen meine Tage,
Wie die Quelle, rastlos hin!
Und so bleichet meine Jugend,
Wie die Kränze schnell verblühn!

Fraget nicht, warum ich traure
In des Lebens Blüthezeit!
Alles freuet sich und hoffet,
Wenn der Frühling sich erneut.
Aber diese tausend Stimmen
Der erwachenden Natur
Wecken in dem tiefen Busen
Mir den schweren Kummer nur.

Was soll mir die Freude frommen,
Die der schöne Lenz mir beut?
Eine nur ist's, die ich suche,
Sie ist nah' und ewig weit.
Sehnend breit' ich meine Arme
Nach dem theuren Schattenbild,
Ach, ich kann es nicht erreichen,
Und das Herz bleibt ungestillt.

Komm herab, du schöne Holde,
Und verlaß dein stolzes Schloß!
Blumen, die der Lenz geboren,
Streu' ich dir in deinen Schooß.
Horch, der Hain erschallt von Liedern,
Und die Quelle rieselt klar!
Raum ist in der kleinsten Hütte
Für ein glücklich liebend Paar.

Friedrich Schiller

Mehr über Friedrich Schiller lesen Sie bei Gutenberg.Spiegel.de oder bei Wikipedia.

Zum Gedenken an Schillers 200. Todestag am 9. Mai 2005 wurde das gesamte Jahr zum Schillerjahr gekürt. Dazu gibt es eine eigene WebSite mit allen Terminen und Veranstaltungen für das Schillerjahr 2005 ab 12. Januar 2005.

Die Selbstkritik hat viel für sich

Die Selbstkritik hat viel für sich.
Gesetzt den Fall, ich tadle mich:
So hab ich erstens den Gewinn,
Daß ich so hübsch bescheiden bin;
Zum zweiten denken sich die Leut,
Der Mann ist lauter Redlichkeit;
Auch schnapp ich drittens diesen Bissen
Vorweg den andern Kritiküssen;
Und viertens hoff ich außerdem
Auf Widerspruch, der mir genehm.
So kommt es denn zuletzt heraus,
Daß ich ein ganz famoses Haus.

Mal etwas anderes, von Wilhelm Busch, der heute vor 97 Jahren verstarb. Wer kennt ihn nicht?

Gefunden bei Gutenberg.Spiegel.de.

Freitag, 7. Januar 2005

Die Fensterrose

Da drin: das träge Treten ihrer Tatzen

macht eine Stille, die dich fast verwirrt;

und wie dann plötzlich eine von den Katzen

den Blick an ihr, der hin und wieder irrt,

gewaltsam in ihr großes Auge nimmt, -

den Blick, der, wie von eines Wirbels Kreis

ergriffen, eine kleine Weile schwimmt

und dann versinkt und nichts mehr von sich weiß

wenn dieses Auge, welches scheinbar ruht,

sich auftut und zusammenschlägt mit Tosen

und ihn hineinreißt bis ins rote Blut -:

So griffen einstmals aus dem Dunkelsein

der Kathedralen große Fensterrosen

ein Herz und rissen es in Gott hinein.

Rainer Maria Rilke

wie so oft gefunden bei Gutenberg.Spiegel.de

Mittwoch, 5. Januar 2005

Der Januar

Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege.
Der Weihnachtsmann ging heim in seinen Wald.
Doch riecht es schon nach Krapfen auf der Stiege.
Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege.
Man steht am Fenster und wird langsam alt.

Die Amseln frieren. Und die Krähen darben.
Und auch der Mensch hat seine liebe Not.
Die leeren Felder sehnen sich nach Garben.
Die Welt ist schwarz und weiß und ohne Farben.
Und wär so gerne gelb und blau und rot.

Umringt von Kindern wie der Rattenfänger,
tanzt auf dem Eise stolz der Januar.
Der Bussard zieht die Kreise eng und enger.
Es heißt, die Tage würden wieder länger.
Man merkt es nicht. Und es ist trotzdem wahr.

Die Wolken bringen Schnee aus fremden Ländern.
Und niemand hält sie auf und fordert Zoll.
Silvester hörte man`s auf allen Sendern,
daß sich auch unterm Himmel manches ändern
und, außer uns, viel besser werden soll.

Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege.
Und ist doch hunderttausend Jahre alt.
Es träumt von Frieden. Oder träumt`s vom Kriege ?
Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege.
Und stirbt in einem Jahr. Und das ist bald.

Erich Kästner

gefunden via wolkenlos.design-blog.de

Dienstag, 4. Januar 2005

Peterchens Mondfahrt

"…Die Geschichte der Sumsemanns
»Sumsemann« hieß der dicke Maikäfer, der im Frühling auf einer Kastanie im Garten von Peterchens Eltern hauste, nicht weit von der großen Wiese mit den vielen Sternblumen. Er war verheiratet gewesen; aber seine Frau war nun tot. Ein Huhn hatte sie gefressen, als sie auf dem Hofe einherkrabbelte am Nachmittag, um einmal nachzusehen, was es da im Sonnenlicht zu schnabulieren gab. Für die Maikäfer ist es nämlich sehr gefährlich, am Tage spazierenzugehen. Wie die Menschen des Nachts schlafen müssen, so schlafen die Maikäfer am Tage.

Aber die kleine Frau Sumsemann war sehr neugierig und so brummte sie auch am Tage herum. Gerade hatte sie sich auf ein Salatblatt gesetzt und dachte: ›Willst mal probieren, wie das schmeckt!‹ ... Pick! - da hatte das Huhn sie aufgefressen. …"

Gutenberg.Spiegel.de bietet Ihnen die vollständige Geschichte, die Sie bestimmt aus Ihrer Kindheit noch kennen. Der Autor Gerdt von Bassewitz, leider fast unbekannt, wurde heute vor 127 Jahren geboren.

Montag, 3. Januar 2005

AN LUISE

Ich wollt in Liedern oft dich preisen,
Die wunderstille Güte,
Wie du ein halbverwildertes Gemüte
Dir liebend hegst und heilst auf tausend süße Weisen,
Des Mannes Unruh und verworrnem Leben
Durch Tränen lächelnd bis zum Tod ergeben.

Doch wie den Blick ich dichtend wende,
So schön still in stillem Harme
Sitzt du vor mir, das Kindlein auf dem Arme,
Im blauen Auge Treu und Frieden ohne Ende,
Und alles lass ich, wenn ich dich so schaue -
Ach, wen Gott lieb hat, gab er solche Fraue!

(Joseph von Eichendorff)

aufgelesen bei Spiegel.Gutenberg.de

Sonntag, 2. Januar 2005

Ich bin daheim auf waldiger Flur

Ich bin daheim auf waldiger Flur,
Mein Hüttchen ist ein grüner Baum,
Mein Ruhebett der Wiesensaum
Am Herzen der Natur.

Ein Rehlein kommt durch Zweige dicht,
Mir dringt ans Ohr sein weicher Laut,
Es sieht mich an, es spricht so traut,
Und ich versteh' es nicht.

Nun kommt ein blühend Mädchen noch,
Und sinnend steht es auf der Flur;
Es sieht mir stumm ins Auge nur,
Und ich versteh' es doch.

Dieses Gedicht von Peter Rosegger gibt es bei Gutenberg.Spiegel.de. Weitere Zusammenhänge zu meinem Stöbern und Schmöckern können Sie in meinem Parallelblog Simonahnen lesen, eben auch die Geschichten von Peter Rosegger zu "Der Höllbart" und "Der Waldschulmeister".

Donnerstag, 30. Dezember 2004

Theodor Fontane

wurde heute vor 185 Jahren geboren.

Wer ihn schon las, kennt sich aus in der Mark Brandenburg. So ging es mir 1990, obwohl ich vorher noch nie dort war. Ein exakter, unterhaltsamer Landschaftsbeschreiber.

InSpiegel.Gutenberg.DE können Sie seine Romane
Wanderung durch die Mark Brandenburg oder Der Stechlin direkt lesen. Noch schöner ist es, diese Bücher vor Ort zu lesen, wie ich es 1990 genießen konnte, eben auch teilweise die Orte der Beschreibungen nachvollziehen und erleben.

Dienstag, 28. Dezember 2004

Die Kunst des Schüttelreimens

Poetischer Unterrichtsbrief (Gratis-Ergänzungsbrief)
von
Theophil Ballheim,

Inhaber einer literarisch-poetischen Lehranstalt, Mitglied mehrerer lit.-poet. Gesellschaften. Gr. Med. f. W. u. K. am bb. Bande u.s.w., u.s.w.

"…Das Schüttelreimgedicht. Bereits im XX. Unterrichtsbriefe (Äolsharfe Jahrg. II. Nr. 4) habe ich kurz das Wesen des Schüttelreims (Schling-, Wechsel- oder Kaleidoskopreims) beleuchtet. Da das Schüttelreimgedicht inzwischen durch einen unserer berufensten Lyriker der Jetztzeit, ehemaligen Schüler und nunmehr hochgeschätzten Freund von mir (Herrn Johannes Köhnke, s. Äolsharfenkalender f. 1886 S. 72.) zu epochemachender Bedeutung gelangt ist, auch um den vielfachen Anforderungen ehemaliger Schüler zu genügen, habe ich mich entschlossen, diese schwierige Form der Kunstlyrik hier ganz uneigennützig abzuhandeln, dergestalt, daß diese vielfach als Geheimniß angesehene Kunst nunmehr enthüllt werden soll.

Der Schüttelreim ist, wie gesagt (l. c.), der eigentliche, ursprüngliche und natürliche Reim, da er nicht die Unselbständigkeit und Abhängigkeit anderer Reime in sich schließt. Diese sind stichogame Phonorthographika (s. Brief II), während der Schüttelreim stichoagam ist (s. Brief XX), nicht außer sich den Gleichklang sucht, sondern in sich und an sich phonorthographische Befriedigung findet. Das wußten die alten Griechen schon: to dorpon (das Abendessen) brachten die mit Brot und Zwiebeln sich begnügenden Griechen mit podron (ein unhöflicher Hauch) in naturgemäße klangreimliche Verbindung. Beiläufig vielleicht der älteste, weil schon vor Homer vorkommende Schüttelreim.

Das geheimnißvolle Weben der Natur, welches der Mensch auch für alle geistigen Gaben dankbar annehmen muß, feiert im Schüttelreime seine Offenbarung. Wenn schon Gellert dem ordinären Reim die Macht zuspricht, Gedanken herbeizuführen und dafür Sonne - Wonne, Liebe - Triebe, Herz - Schmerz u.s.w. anführt, um wieviel berechtigter darf dies vom Schüttelreim gelten, als ihm solche Wohlfeilheit nicht genügt, er die seltensten und seltsamsten Beziehungen, in denen oft überraschende Gedanken und Ideenverbindungen liegen, herbeiführt und, wie Schiller sagt:
"für Dich dichtet und denkt."

"Es bedarf," sagt nicht mit Unrecht Meier-Prenzlau, "mehr des Scharfsinnes, der mit dem Dichten nichts zu thun hat, als der poetischen Anlage, die Gedanken, welche der Schüttelreim gibt, rhythmisch zu koppeln, so daß durch seine Hülfe selbst Diejenigen, welchen die Muse den Kuß spröde versagen will, sich denselben erobern und also zu nützlichen Mitgliedern der Dichtergemeinde herangebildet werden können."

Beispiele. Sonnenwende - Wonnen sende, Klagesang - Sage klang, Wangenpracht - Prangen wacht, Krieg sehnen - Sieg krönen, Weben Lieder - Leben wieder, Feierlichst - Leier fichst.

Kleiden wir die zum Verse gehörigen, fehlenden Worte in Versfüße ein, so entstehen nun daraus folgende Verse:

Daß um die Zeit der Sonnenwende
Der Sommer neue Wonnen sende.
Und wie aus alter Sage klang
Sein schwermutvoller Klagesang.
In rosig zarter Wangen Pracht
Der Unschuld ganzes Prangen wacht.
Die nach gerechtem Krieg sich sehnen,
Sie werden mit dem Sieg sich krönen.
Laß mich, Apollo, leben wieder,
Zu Deinem Ruhm mich weben Lieder.
Wenn Du für Deine Leier fichst,
So thu' es ernst und feierlichst.
…"

Fortsetzung können Sie lesen bei Spiegel Projekt Gutenberg.de.

Montag, 27. Dezember 2004

Mei Garda isch älles

Mei Garda,
der koa no warda.
Worom? Draußa duad’s schneia,
i hock am Fenschder, koa me dro freia.

Bald gucket Premela zur Wiesa raus
ond Schlüsselbloma wachsed zom Strauß.
d’Veigala leuchdet lila sadd.
Jedes Joahr ben’e auf’s neue pladd.

Was dr liab Godd so spriaßa läßt,
manchmol isch’s z’viel, i werd au gstreßt.
S’braucht scho sei Zeit zom Hecka schera,
d'Wiesa mäha, s’Teichle klära.

Als Gärtner bisch doch mächtig stolz.
Bäum en Form schneida, des gibt Holz.
Sieht guad aus ond schpard au Geld.
Beim Nochbor oagseah, für d’Frau a Held.

Auf d’Schnecka hann’e älls mächtig Zorn.
Aber a Weile scho nemm’e koi Schneckakorn.
I pflanz bloß no des, was’se ned meged,
Schmeiß’se zom Nochbor, dass die sich aufreged.

Ernda wird zom größschta Tescht,
drondernai a Gardafescht,
mit Freind, Verwandte, Enkelkender.
No richtet mr'n für’n nägschda Wender.
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