Freitag, 18. Februar 2005

Amor's Nachtbesuch.

Zur Zeit, wenn alle Menschen
Von ihrer Arbeit ruhn;
Wenn Patrioten träumen,
Was Könige nicht thun;

Wenn etwas nur ein Weiser
Bei seiner Lampe wacht,
In der Gespensterstunde,
Kurz, in der Mitternacht

Kam Amor, der die Schönen
Sonst immer nur besucht,
Vor meine Thür und klopfte;
Vielleicht auf einer Flucht!

»Wer schlägt mir meine Pforte«,
Rief ich, »entzwei, wer jagt
Von mir die süßen Träume
So grausam, eh' es tagt?«

Da hört' ich draußen bitten:
»Mach' auf! ich bin ein Kind,
Du darfst vor nichts dich fürchten;
Mach' auf, bitt' ich, geschwind!

Der Mond hat nicht geschienen,
Ich habe mich verirrt,
Es ist so kalt, es regnet,
Erbarme dich, Herr Wirth!«

Schnell macht' ich Licht, ich eilte, –
Mitleidig muß man seyn, –
Und öffnete die Pforte,
Und ließ den Pilger ein!

Und sieh', es war ein Knabe
Mit Flügeln, wunderschön;
Solch Antlitz, solche Augen
Hatt ich noch nie gesehn!

Komm', Kleiner, sagt' ich freundlich,
Und führt' ihn an der Hand
Zum Herde, holte Späne,
Blies, brachte sie in Brand!

Ich ließ ihn sich erwärmen,
Nahm ihn in meinen Arm,
Und macht' in meinen Händen
Ihm seine Hände warm!

Aus seinen goldnen Locken
Drückt' ich den Regen aus;
Ihm helfen, dacht' ich, bringet
Mir Segen in mein Haus!

»Hätt' ich«, sprach er, »ich Armer,
Mich doch nur nicht verirrt! –
Mein Bogen ist verdorben,
Sieh' nur, mein lieber Wirth!«

»Erschlafft von vielem Regen
Ist er, o weh', ich bin
Um meinen lieben Bogen!«
Ja, sprach ich, der ist hin!

»Laß sehn!« sprach da der Knabe,
Spannt' ihn und drückt' ihn los,
Und traf recht in die Mitte
Mein Herz mit dem Geschoß!

Und tanzt' umher und lachte,
Und sprach mit frohem Muth:
»Mein lieber Wirth, sey fröhlich,
Mein Bogen ist noch gut!«

Johann Wilhelm Ludwig Gleim
verstarb am 18.2.1803 in Halberstadt im gesegneten Alter von 84 Jahren. Er nutzte sein langes Leben mit reichlicher Produktion. Freundschaft pflegt er mit Klopstock, Herder und Seume. Über Seume schrieb ich bereits heute bei mein Freilach wie auch früher in diesem Blogg.

Mehr über Gleims Werke erfahren Sie bei Gutenberg.Spiegel.de und eine Biographie bei Wikipedia.

Vom Frosch und der Maus

Martin Luther

"Eine Maus wäre gerne über einem Wasser gewesen und konnte nicht und bat einen Frosch um Hilfe. Der Frosch war ein Schalk und sprach zur Maus: "Binde deinen Fuß an meinen Fuß, so will ich schwimmen und dich hinüberziehen."

Da sie aber auf das Wasser kamen, tauchte der Frosch hinunter und wollte die Maus ertränken. Indem aber die Maus sich wehrt und arbeitet, fliegt eine Weihe daher und erhascht die Maus, zieht den Frosch auch mit heraus und frißt sie beide. "

Martin Luther, wohl einer der wichtigsten Literaten, übersetzte nicht nur die Bibel und war Wegbereiter einer einheitlichen deutschen Sprache. Er schrieb manchmal auch einfacheres, wie diese Fabel.

Mehr zu seinen Werken gibt es auf meinem Ahnenblogg.
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