Mittwoch, 16. August 2006

Der Neger und die Bäuerin

Ein Neger, der das Land durchirrte,
Fand ganz allein auf einem Feld
Ein Mädchen, das noch, mit der Welt
Ganz unbekannt, die reinste Unschuld zierte.
Der Kerl war voller böser Tücke,
Ihn lüstete im Augenblicke
Nach ihr. Er sprach: der Fund ist gut,
Ich muß dafür dem Himmel danken
Und sehen, wie mit dieser Schlanken
Sich wohl die Liebe tut.
Schnell kam er auf sie zugesprungen.
Das arme Kind hielt für den Teufel ihn,
Glaubt sich schon halb von ihm verschlungen
Und wußte nicht vor Angst wohin.
Drauf steckte sie den Kopf tief ins Getreide,
Um diesen wenigstens ihm zu entziehn,
Die hintern Sachen ließ sie ihm zur Beute,
Womit er auch zufrieden schien.
Das Mädchen ist sehr schamhaft, dachte
Der Schelm, und unter mancherlei
Droh'n und Verwünschungen vollbrachte
Er seine Bosheit ohne Scheu.
»Nimm meinen Leib«, rief sie, »der deine Habsucht reizte,
Und sätt'ge dich daran, du Bösewicht!
Doch«, fuhr sie fort, indem sie sich bekreuzte,
»Die Seele, Satan, kriegst du nicht!«


Johann Georg Scheffner

Geboren am 8.8.1736 in Königsberg; gestorben am 16.8.1820 in Königsberg.

mehr über den Dichter gibt es bei Gutenberg.Spiegel.de zu lesen.

Dienstag, 15. August 2006

Der Abend im Gebirge

Glutrot malen
Abendstrahlen
Wald und Hain
Und des kahlen
Bergs Gestein.


Gottes Frieden
Fühlt hienieden
Schon die Brust –
Abgeschieden
Eitler Lust.


Und nun schweiget
Alles – zeiget
Heiligtum;
Tauschwer neiget
Sich die Blum’.


Heil’ge Stille,
Ach! Erfülle
Auch mein Herz!
Sänft’ge, stille
Lust und Schmerz.


Christoph von Schmid

* 15. August 1768 in Dinkelsbühl in der Klostergasse 19; † 3. September 1854 in Augsburg


Den Autor kennen wir alle als den Schöpfer des Weihnachtsliedes "Ihr Kinderlein kommet".

Mehr über den Dichter erfahren Sie bei Gutenberg.Spiegel.de, bei Wikipedia und einer besonderen Site der Hauptschule Dinkelsbühl, seiner Geburtsstadt.

Montag, 14. August 2006

Berliner Ballade

Sie hing wie eine Latte
Vom Schranke steif und stumm.
Am Morgen sah's ihr Gatte,
Lief nach dem Polizeipräsidium.

»Meine Frau«, so schrie er, »ist verschieden...«
Doch der Polizeiwachtmeister Schmidt
Rollte blutig seine Augen:
»Wie denn, ha'm Sie den Jeburtsschein mit?«

Dieses hatte er mitnichten,
Und er setzte sich in Trab,
Spät entsann er sich der ehelichen Pflichten,
– schnitt sie ab.

Und er legt den Strick an seine Kehle,
Vor dem Spiegel, peinlich und honett.
Nimmt noch einen Schluck, befiehlt Gott seine Seele
– schwapp, schon baumelt er am Ehebett.


Alfred Henschke

oder Klabund

* 4. November 1890 in Crossen an der Oder als Alfred Henschke; † 14. August 1928 in Davos

mehr über Klabund gibt es bei Gutenberg.Spiegel.de oder Wikipedia zu lesen.

Dienstag, 25. Juli 2006

Ein paar Heckenrosen

Ein paar Heckenrosen, die ich gestern für dich im Mondschein gepflückt,
Stehen heute rosig im Glas, wie von deiner Nähe entzückt.
Gestern stahl sich kaum ihre Blässe in die bläuliche Nacht,
Sie waren in Dämmerdunkel noch nicht für dich erwacht.
Sie waren noch Schwestern der Blätter und Büsche gestern,
Heute sind sie deines Lächelns und deiner Wangen Schwestern.
Die Rosen, wenn in die Nähe verliebter Augen kommen,
Sind nicht wie Vögel, denen die Freiheit genommen,
und die man gefangen,
Die Rosen werden erst Rosen in der Nähe errötender Wangen.


Max Dauthendey

* 25. Juli 1867 in Würzburg; † 29. August 1918 in Malang auf Java

Mehr über den Dichter gibt es bei Gutenberg.Spiegel.de und bei Wikipedia zu lesen.

Montag, 24. Juli 2006

Morgenstimmung

Leise schleich' ich wie auf Eiern
Mich aus Liebchens Paradies,
Wo ich hinter dichten Schleiern
Meine besten Kräfte ließ.

Traurig spiegelt sich der bleiche
Mond in meinem alten Frack;
Ach die Wirkung bleibt die gleiche,
Wie das Kind auch heißen mag.

Wilhelmine, Karoline,
's ist gesprungen wie gehupft,
Nur daß hier die Unschuldsmiene,
Dort dich die Routine rupft.


Frank Wedekind
auch Benjamin Franklin Wedekind

* 24. Juli 1864 in Hannover; † 9. März 1918 in München


Mehr über den Dichter gibt es bei Gutenberg.Spiegel.de und Wikipedia zu erforschen.

Geizhals

Den Geizhals und ein fettes Schwein
Schaut man im Tod erst nützlich seyn.


Friedrich Freiherr von Logau
auch Salomon von Golaw

(* Januar (nach anderen Angaben Juni) 1604 auf Gut Brockuth (heute Brochocin) bei Nimptsch (heute Niemcza) / Schlesien, † 24. oder 25. Juli 1655 in Liegnitz (heute Legnica)) war ein Dichter des Barock.

Mehr über den Dichter mit seinen "kernigen" Sprüchen und Gedichte finden Sie bei Gutenberg.Spiegel.de und bei Wikipedia.

Mittwoch, 19. Juli 2006

Guat Nacht

Guat Nacht, sagt 's Diendl zu sein Buabn
Und ko' nit weiter geh',
Guat Nacht sagt er, hat's bei der Hand
Und bleibt halt aa no' steh',

Guat Nacht und nochamal guat Nacht, –
Da schaugn s' anander o'
Und sie sagt nix und er sagt nix
Und do' geht koans davo'.

Da kimmt der Mond gar herrli' 'rauf
Am Himmi, ah die Pracht,
Da habn s' no' a Viertlstund
Den schön'n Mond bitracht'.

Da singt a Vögerl in an Busch,
Den luusn s' aa no' zua,
»Was muaß dees für a Vogl sey',«
Fangt wieder o' der Bua.

Sagt sie: »»den Vogl trau' i nit:
Der Vogl is nit g'recht,
Es schlafa alli Vögl scho',
Woaß Gott, was der no' möcht'.««

»Was traust denn du den Vogl nit,
Fragt weiter drauf der Bua,
Den Vogl geht sei' Schatzerl o',
Sunst gaab er scho' an Ruh'.«

»»Geh' dir fallt allzeit so 'was ei',««
Hat 's Diendl drüber g'lacht,
Und üb'r a Weil' da sagn s' anand'
Zum viertnmal guat Nacht.

Da stiegt a Fledermaus vorbei,
Da hat si' 's Diendl 'duckt,
Sagt er: dees werd' dees Vögerl sey',
Moanst, daß's di' ebba schluckt?

»»Ja ja mei Muatter hat's oft g'sagt,
Auf d' Fledermaus' gib Acht,
Und bleib dahoam, bal's finster werd,
Drum jetz: a guati Nacht!««

So habn sie's no' a schöni Weil
Mit ihnern Abschied g'macht
Und san schier gar nit firti' worn
Vor lauter: guati Nacht. –

Die Lieb' hat halt an großn Fleiß
Und arbet Tag und Nacht,
Und wann aa Alles schlafa thuat,
Is sie no' auf der Wacht.


Franz Ritter von Kobell

* 19. Juli 1803 in München; † 11. November 1882 in München


Kobell ist bekannt für seine deftige Mundart. Mehr können Sie lesen bei Gutenberg.Spiegel.de und bei Wikipedia.

Samstag, 15. Juli 2006

Der Mann mit dem Goldhelm

wer kennt es nicht, das berühmte Bild von Rembrandt Harmenszoon van Rijn.

Es war das erste Bild von Rembrandt, das ich bewußt sah und ehrfurchtsvoll davor stand - vor 45 Jahren in Berlin. Es ist heute noch in Berlin zu bewundern. Und heute wohne ich in der Rembrandtstraße. Zufall.

Heute vor 400 Jahren wurde der Meister geboren.

Mehr über Rembrandt lesen Sie bei Wikipediea.

Auch die Presse widmet sich dem Meister zum Geburtstag, so das Handelsblatt.

Im Grünen zu singen

Hörtest du denn nicht hinein,
Daß Musik das Haus umschlich?
Nacht war schwer und ohne Schein,
Doch der sanft auf hartem Stein
Lag und spielte, das war ich.

Was ich konnte, sprach ich aus:
"Liebste du, mein Alles du!"
Östlich brach ein Licht heraus,
Schwerer Tag trieb mich nach Haus,
Und mein Mund ist wieder zu.


Hugo von Hofmannsthal
(Hugo Laurenz August Hofmann, Edler von Hofmannsthal)
* 1. Februar 1874 in Wien; † 15. Juli 1929 in Rodaun bei Wien

mehr zu Hugo von Hofmannsthal steht bei Gutenberg.Spiegel.de und sehr ausführlich bei Wikipedia.

Donnerstag, 13. Juli 2006

Totengräberhochzeit

Hei, was tönt so eigen?
Klarinett und Geigen
mitten in der Nacht,
wo die Toten ruhen
in den dunklen Truhen,
um das Häuschen an dem Friedhof,
bei der Sterne Wacht?
Lustiges Gefiedel
schallt die ganze Nacht.

Klarinett und Geigen -
hei, wer tanzt den Reigen
bei der Sterne Wacht?
Wie das klingt und sauset,
wie das walzt und brauset,
in dein Häuschen an dem Friedhof
mitten in der Nacht:
Totengräberhochzeit
wird da heut gemacht.

Geigenklang und Flöten,
lustige Trompeten
klingen drein so laut!
Heißa, laßt sie ruhen
draußen in den Truhen
um das Häuschen an dem Friedhof,
mondesglanzumgraut!
Drinnen tanzt im Reigen
Bräutigam und Braut.

Mitternacht! - Die Toten
stehen auf in Rotten,
viele tausend schier!
klappern, schwirren, lärmen,
möchten da sich wärmen.
Bis zum Häuschen an dem Friedhof
treten sie herfür,
gucken durch die Fenster,
tanzen um die Tür.

»Wundersüsses Leben!«
seufzen sie im Schweben,
»wie so frisch, so rot!«
Schwingen sich im Kreise,
singen ihre Weise,
Todes Fackel, Hymens Fackel
ineinanderloht.
Drinnen tollt das Leben,
draußen tanzt der Tod.

Beide sich im Kreise
bald nach einer Weise
schwingen in der Nacht. -
Jetzt die Toten ruhen,
mit durchtanzten Schuhen
aus dem Häuschen an dem Friedhof
zieht der Reigen sacht.
Auf den Gräbern funkelt
Morgentau voll Pracht.


Robert Hamerling

Geboren am 24.03.1830 in Kirchberg am Walde (Niederösterreich); gestorben am 13.07.1889 im Stiftinghaus bei Graz

Mehr über den Dichter gibt es bei Gutenberg.Spiegel.de sowie bei Wikipedia zu lesen.

Mittwoch, 12. Juli 2006

Was frag' ich nach Zeit und Stunde

Was frag' ich nach Zeit und Stunde,
Wenn an deiner Brust ich lieg' –
Wenn ich küsse von deinem Munde
Der Liebe süßseligen Sieg!
Wenn ich küsse die weißen Brüste,
Den knospenden, schwellenden Leib –
Was frag' ich nach Zeit und Stunde
Bei solch' holdem Zeitvertreib! . . .

Was frag' ich nach Zeit und Stunde,
Rast' ich auf Linnen, schneeweiß,
Bei dir und trink' dir vom Munde
Der Liebe süßseligen Preis!
Da füllt' mich ein großes Genügen,
Mein wildes Begehren versinkt . . .
Was frag' ich nach Zeit und Stunde,
Wenn die Welt wie verschollen mich dünkt!


(Heinrich Gottlieb) Hermann Conradi
(auch: H. Costo)

Geb. 12.7.1862 Jeßnitz/Anhalt; gest. 8.3.1890 Würzburg.

Mehr über den Dichter gibt es bei Gutenberg.Spiegel.de und bei Wikipedia zu lesen.

Sonntag, 9. Juli 2006

Es regnet

Es regnet, es regnet
Der Kuh auf den Schwanz;
Es regnet, es regnet
Der Braut in den Kranz.

Es regnet, es regnet,
Die Welt ist schon naß;
Hol's Töpfchen,
Fang's Tröpfchen,
Dann sag ich dir was:

Wäschst du die Nase,
Bleibt sie fein grade,
Wäschst du das Mündchen,
Bist du'n lieb Kindchen,
Wäschst du aber die Augen schön,
Kannst du dem lieben Herrgott seinen Himmel besehn!


Paula Dehmel geb. Oppenheimer

Geboren am 31.10.1862 in Berlin; gestorben am 9.7.1918 in Berlin.

Wir alle kennen einige Gedichte von Paula Dehmel auswendig, so "Häschen in der Grube …". Mehr über Paula Dehmel erfahren Sie bei Gutenberg.Spiegel.de und bei wikipedia.de.
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