zitiert

Donnerstag, 30. Juni 2005

Gedicht und Sinn.

Du hoffst von der Dichtung Lust und Behagen
Und pflegst nach dem Sinn erst lange zu fragen?
Laß dem innern Auge das Bild sich zeigen,
So wird auch der Sinn von selber dir eigen;
Erspar' dir, Guter, die Mühe; der Sinn,
Er ist nicht dahinter, er ist darin.

Ein Kunstfreund, dem ein Gemälde man brächte:
Wie wär's, wenn er so an den Sinn nur dächte,
Daß er's nähme, die Rückwand vorwärts drehte
Und auf dem Brett, auf der Pappe spähte,
Ob nirgends darauf eine Glosse steh',
Woraus er des Bildes Sinn erseh'?

Fragst du nach der Dinge Begriff und Wesen,
Greife nach Büchern, leg' dich auf's Lesen,
Und hast du gelesen, so magst du fragen:
Wie hab' ich den Geistgewinn anzuschlagen?
Kannst du nicht schauen, so ist die Kunst,
Gesteh' es nur immer, dir eitel Dunst.


Friedrich Theodor Vischer wurde am 30.06.1807 in Ludwigsburg als Sohn eines Pfarrers geboren. Vischer starb am 14.09.1887 in Gmunden am Traunsee.

Mehr Werke finden Sie bei Gutenberg.Spiegel.de.

Mittwoch, 29. Juni 2005

Die bezauberte Rose

Als du mich jüngst nach manchen trüben Tagen
Zum ersten Mal mit holdem Wort gegrüßt,
Da wollte gern mein Mund den Dank dir sagen,
Doch hätt' ich's leicht mit deinem Zorn gebüßt,
Weil minder nicht als meinen leisen Klagen,
Auch meiner Lust dein Busen sich verschließt.
So magst du denn für mich die Muse hören,
Denn Göttern kann kein Mensch das Reden wehren.

Ernst (Konrad Friedrich) Schulze
geboren am 22.3.1789 in Celle; gestorben am 29.6.1817 in Celle.

und bei Gutenberg.Spiegel.de können Sie den vollen Text des Versepos weiterlesen. Das Gedicht erhielt einen Preis als beste poetische Erzählung.

Dienstag, 28. Juni 2005

Das Kätzchen

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Ein unerfahrnes Kätzchen sah
Zum erstenmal den Mond in vollem Lichte prangen,
Und sprach entzückt zum GroßPapa:
Sieh an der Decke dort den schönen Käse hangen.
O, hätten wir ihn doch. Ei lerne, blöder Fant,
Versetzt der GroßPapa, fürs erste Mäuse fangen,
Die sind uns näher bei der Hand.


Mehr dieser kurzen, ironischen und heiteren Gedichte von Gottlieb Konrad Pfeffel, geboren am 28.6.1736 in Colmar; gestorben am 1.5.1809 in Colmar, lesen Sie bei Gutenberg.Spiegel.de.

Der Römische Brunnen

Aufsteigt der Strahl, und fallend gießt
Er voll der Marmorschale Rund,
Die, sich verschleiernd, überfließt
In einer zweiten Schale Grund;
Die zweite gibt, sie wird zu reich,
Der dritten wallend ihre Flut,
Und jede nimmt und gibt zugleich
Und strömt und ruht.

Und noch eines von
Conrad Ferdinand Meyer

Zwei Segel


Zwei Segel erhellend
Die tiefblaue Bucht!
Zwei Segel sich schwellend
Zu ruhiger Flucht!

Wie eins in den Winden
Sich wölbt und bewegt,
Wird auch das Empfinden
Des andern erregt.

Begehrt eins zu hasten,
Das andre geht schnell,
Verlangt eins zu rasten,
Ruht auch sein Gesell.

Beide Gedicht zählen zu den Lieblingsgedichten von Lucia. Kein Wunder, sie ist Bremerin, lebte lange in Rom (mit einem Römer verheiratet) und nun in USA. Aber sie kommt wieder zurück nach Deutschland.

Mehr dieser schönen Verse von C.F. Meyer gibt es bei Gutenberg.Spiegel.de.

Montag, 13. Juni 2005

Trost

Friedevoll und feierlich
Liegt der Wald im Schweigen,
Leise nur die Wipfel sich
Zu einander neigen.

Heil'ger, süßer Ahnung gleich
Dämmert's in den Bäumen,
Und es flötet sanft und weich
Wie von goldnen Träumen.

Plötzlich aber schwankt ein Strauch,
Und die Wipfel beben,
Und die süßen Stimmen auch
Nach und nach verschweben ... .

Sturmwind brauste wild; — doch bald
Ist er schon beschworen,
Und es ruht der ganze Wald
Wieder traumverloren.

So, mein Herz, so wiß auch du:
Ob der Sturm dich schüttelt
Und aus deiner süßen Ruh�
Wild empor dich rüttelt —

Alle seine grause Macht
Wird ihm bald benommen,
Und das Glück muß über Nacht
Ganz dir wiederkommen!


Max Vogler
Geboren am 13.06.1854 in Lunzenau, gestorben am 08.10.1889 in Lunzenau.

Mehr über den Dichter und seine Werke erfahren Sie bei Gutenberg.Spiegel.de.

Mittwoch, 8. Juni 2005

Hummellied

Die Buben sind den Hummeln gleich:
Ihr Mägdlein mögt euch hüten!
Sie schwärmen durch des Lenzes Reich,
Um Blumen und um Blüten.
Sie irren her, sie schwirren hin,
Mit Sehnen und mit Stöhnen,
Und können ihren Leckersinn
Des Honigs nicht entwöhnen.

Die Unschuld ist dem Honig gleich.
Die Hummeln nahn sich leise.
Ihr Honigblümlein, hütet euch
Vor ihrer losen Weise!
Sie tippen hie, sie nippen da,
Erst mit den Saugerspitzen,
Bis sie, so schnell sich spricht ein Ja,
Im Honigkelche sitzen.

Die Mägdlein sind den Blumen gleich,
In ihren Frühlingstagen.
Sie blühn gesunder, wenn sie reich
Des Honigs Fülle tragen.
Zertummelt da, zerhummelt hie,
Wird jede krank sich fühlen.
Drum, süße Blümlein, laßt euch nie
Den Honigkelch zerwühlen!


Gottfried August Bürger
(auch: Jocosus Hilarius)

Geboren am 31.12.1747 in Molmerswende bei Quedlinburg; gestorben am 8.6.1794 in Göttingen.

Sein wohl bekanntestes Werk ist die unglaubliche Geschichte des Freiherrn von Münchhausen.

Er war ein "Vielschreiber". Mehr lesen Sie bei Gutenberg.Spiegel.de. Bei Wikipedia finden Sie eine ausführliche Biographie und viele weiterführende Links.

Dienstag, 7. Juni 2005

Tränen

Himmlische Liebe! zärtliche! wenn ich dein
Vergäße, wenn ich, o ihr geschicklichen,
Ihr feurgen, die voll Asche sind und
Wüst und vereinsamet ohnedies schon,

Ihr lieben Inseln, Augen der Wunderwelt!
Ihr nämlich geht nun einzig allein mich an,
Ihr Ufer, wo die abgöttische
Büßet, doch Himmlischen nur, die Liebe.

Denn allzudankbar haben die Heiligen
Gedienet dort in Tagen der Schönheit und
Die zorngen Helden; und viel Bäume
Sind, und die Städte daselbst gestanden,

Sichtbar, gleich einem sinnigen Mann; jetzt sind
Die Helden tot, die Inseln der Liebe sind
Entstellt fast. So muß übervorteilt,
Albern doch überall sein die Liebe.

Ihr weichen Tränen, löschet das Augenlicht
Mir aber nicht ganz aus; ein Gedächtnis doch,
Damit ich edel sterbe, laßt, ihr
Trügrischen, Diebischen, mir nachleben.


Friedrich Hölderlin, einer der großen Klassiker, wurde am 20. März 1770 geboren. Eine Werkauswahl finden Sie bei Gutenberg.Spiegel.de sowie eine ausführliche Biographie mit vielen Links bei Wikipedia. Empfehlen kann ich eine Biographie von Peter Härtling, über Hölderlins Leben, seine Begegnungen mit anderen Dichtern, unter anderem Schiller und Goethe. Einfühlsam das Leben und die Zeit erzählt, besonders auch die manchmal verträumte, "tragische Figur" des Dichters Hölderlin.

Freitag, 3. Juni 2005

Der Handkuss

Viere lang,
Zum Empfang,
Vorne Jean,
Elegant,
Fährt meine süße Lady.

Schilderhaus,
Wache raus.
Schloßportal,
Und im Saal
Steht meine süße Lady.

Hofmarschall.
Pagenwall.
Sehr graziös,
Merveillös
Knickst meine süße Lady.

Königin,
Hoher Sinn.
Deren Hand,
Interessant,
Küßt meine süße Lady.

Viere lang,
Vom Empfang,
Vorne Jean,
Elegant,
Kommt meine süße Lady.

Nun wie war's
Heut bei Zars?
Ach, ich bin
Noch ganz hin,
Haucht meine süße Lady.

Nach und nach,
Allgemach,
Ihren Mann
Wieder dann
Kennt meine süße Lady.


Spontan fällt mir ein: Küss die Hand. Ein reizvolles Gedicht.


Detlev Freiherr von Liliencron
eigentlich: Friedrich Adolf Axel Freiherr von Liliencron
Geboren am 3.6.1844 in Kiel
Mehr steht bei Gutenberg.Spiegel.de

Dienstag, 31. Mai 2005

Die Nacht

Aus dem Walde tritt die Nacht,
Aus den Bäumen schleicht sie leise,
Schaut sich um in weitem Kreise,
Nun gib acht.

Alle Lichter dieser Welt,
Alle Blumen, alle Farben
Löscht sie aus und stiehlt die Garben
Weg vom Feld.

Alles nimmt sie, was nur hold,
Nimmt das Silber weg des Stroms,
Nimmt vom Kupferdach des Doms
Weg das Gold.

Ausgeplündert steht der Strauch,
Rücke näher, Seel an Seele;
O die Nacht, mir bangt, sie stehle
Dich mir auch.


Hermann von Gilm, Ritter zu Rosenegg
Geboren am 1.11.1812 in Innsbruck; gestorben am 31.5.1864 in Linz.

Mehr gibt es bei Gutenberg.Spiegel.de zu lesen.


Und den Walderdbeeren widmete er auch ein Gedicht:

Walderdbeeren müßt ihr ohne
Zucker, ohne Zimt genießen,
Nicht den Essig der Zitrone,
Nicht Burgunder daran gießen

Laßt sie in der süßen Schale
Roter Lippen halb zerdrücken,
Um sie dann zum zweiten male
Noch mit einem Kuß zu pflücken

Quelle: Wikipedia

Donnerstag, 26. Mai 2005

Historie von Noah

Als Noah aus dem Kasten war,
Da trat zu ihm der Herre dar;
Der roch des Noäh Opfer fein,
Und sprach: »Ich will Dir gnädig sein,
Und, weil Du ein so frommes Haus,
So bitt' Dir selbst die Gnaden aus.«

Fromm Noah sprach: »Ach lieber Herr,
Das Wasser schmeckt mir gar nicht sehr,
Dieweil darinn ersäufet sind,
All' sündhaft Vieh und Menschenkind.
Drum möcht' ich armer, alter Mann,
Ein anderweit Getränke ha'n!« –

Da griff der Herr in's Paradies,
Und gab ihm einen Weinstock süß:
Und sprach: »Den sollt du pflegen sehr!«
Und gab ihm guten Rath und Lehr',
Und wies ihm Alles so und so,
Der Noah ward ohn' Maßen froh.

Und rief zusammen Weib und Kind,
Darzu sein ganzes Hausgesind,
Pflanzt Weinberg' rings um sich herum;
Der Noah war fürwahr nicht dumm!
Baut' Keller dann, und preßt den Wein,
Und füllt ihn gar in Fässer ein.

Der Noah war ein frommer Mann,
Stach ein Faß nach dem andern an,
Und trank es aus, zu Gottes Ehr':
Das macht' ihm eben kein' Beschwer.
Er trank, nachdem die Sündfluth war,
Dreihundert noch und fünfzig Jahr.

Nützliche Lehre

Ein kluger Mann hieraus ersicht
Daß Weins Genuß ihm schadet nicht;
Und item, daß ein guter Christ
In Wein niemalen Wasser gießt:
Dieweil darin ersäufet sind,
All' sündhaft Vieh und Menschenkind.


August Kopisch
Geboren am 26.5.1799 in Breslau; gestorben am 6.2.1853 in Berlin.

Mehr gibt es bei Gutenberg.Spiegel.de zu lesen, ebenso bei Wikipedia.
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