zitiert

Montag, 2. Mai 2005

Das süßeste Leben

Lieblich murmelt meines Lebensquelle
Zwischen Rosenbüschen schmeichelnd hin,
Wenn ich eines Fürsten Liebling bin,
Unbeneidet auf der hohen Stelle;

Und von meiner stolzen Marmorschwelle
Güte nicht, die Herzenszauberin
Und die Liebe, aller Siegerin
Flieht zu einer Hütte oder Zelle;

Süßer aber schleicht sie sich davon
Wenn ich unter traurenden Ruinen
Efeugleich geschmiegt an Karolinen

Wehmutlächelnd les im Oberon
Oder bei der milchgefüllten Schale
Bürgers Lieder sing im engen Tale.

Novalis
oder (Georg) Friedrich (Philipp) Freiherr von Hardenberg. Geboren am 2.5.1772 in Oberwiederstedt/Harz; gestorben am 25.3.1801 in Weißenfels.

Ein "geheimnisvoller" Dichter, Mitbegründer der Romantik.

Mehr Werke gibt es bei Gutenberg.Spiegel.de. Bei Wikipedia können Sie eine ausführliche Biographie mit vielen weiterführenden Links aufrufen.

Sonntag, 1. Mai 2005

Das Schaf, der Wolf und der Bär

Ein Schäfchen fraß im bunten Tal;
Da kam ein Wolf heran.
Ihn sah das Schäfchen und befahl
Still seinen Geist dem Pan.

Schon sperrt der Wolf den Rachen auf.
Doch plötzlich wirft ein Bär,
Sein alter Feind, in vollem Lauf
Sich auf den Räuber her.

Sie balgen sich; das Schaf gewinnt
Indes die Zeit zu fliehen.
Da heißt es wohl: Zwei Feinde sind
Oft einem vorzuziehen.


Gottlieb Konrad Pfeffel, schrieb dieses Gedicht 1805.
Geboren am 28.6.1736 in Colmar; gestorben am 1.5.1809 in Colmar.

Mehr seiner äußerst zahlreichen Gedichte und Werke sowie eine anschauliche Biographie finden Sie bei Gutenberg.Spiegel.de.

Donnerstag, 28. April 2005

Geliebter, wo zaudert

Geliebter, wo zaudert
Dein irrender Fuß?
Die Nachtigall plaudert
Von Sehnsucht und Kuß.

Es flüstern die Bäume
Im goldenen Schein,
Es schlüpfen mir Träume
Zum Fenster hinein.

Ach! kennst du das Schmachten
Der klopfenden Brust?
Dies Sinnen und Trachten
Voll Qual und voll Lust?

Beflügle die Eile
Und rette mich dir,
Bei nächtlicher Weile
Entfliehn wir von hier.

Die Segel, sie schwellen,
Die Furcht ist nur Tand:
Dort, jenseit den Wellen
Ist väterlich Land.

Die Heimat entfliehet,
So fahre sie hin!
Die Liebe, sie ziehet
Gewaltig den Sinn.

Horch! wollüstig klingen
Die Wellen im Meer,
Sie hüpfen und springen
Mutwillig einher,

Und sollten sie klagen?
Sie rufen nach dir!
Sie wissen, sie tragen
Die Liebe von hier.


Mit voller Hingebung - welche Gefühle von Johann Ludwig Tieck, dessen Todestag sich heute zum 152. Male jährt.

Mehr zu Johann Ludwig Tieck und seinen Werken finden Sie bei Gutenberg.Spiegel.de.

Mittwoch, 27. April 2005

Kirschblüte bei der Nacht

Ich sahe mit betrachtendem Gemüte
jüngst einen Kirschbaum, welcher blühte,
in kühler Nacht beim Mondenschein;
ich glaubt, es könne nichts von größerer Weiße sein.
Es schien, als wär ein Schnee gefallen;
ein jeder, auch der kleinste Ast,
trug gleichsam eine rechte Last
von zierlich weißen runden Ballen.
Es ist kein Schwan so weiß, da nämlich jedes Blatt,
- indem daselbst des Mondes sanftes Licht
selbst durch die zarten Blätter bricht -
sogar den Schatten weiß und sonder Schwärze hat.
Unmöglich, dacht ich, kann auf Erden
was Weißres aufgefunden werden.
Indem ich nun bald hin, bald her
im Schatten dieses Baumes gehe,
sah ich von ungefähr
durch alle Blumen in die Höhe
und ward noch einen weißern Schein,
der tausendmal so weiß, der tausendmal so klar,
fast halb darob erstaunt, gewahr.
Der Blüte Schnee schien schwarz zu sein
bei diesem weißen Glanz. Es fiel mir ins Gesicht
von einem hellen Stern ein weißes Licht,
das mir recht in die Seele strahlte.
Wie sehr ich mich an Gott im Irdischen ergötze,
dacht ich, hat er dennoch weit größre Schätze.
Die größte Schönheit dieser Erden
kann mit der himmlischen doch nicht verglichen werden.


Noch blühen die Kirschen. Wenn es nachts nur nicht so feucht und kalt wäre. Aber vielleicht muss ich mich nach dieser phantasievollen Betrachtung doch einmal bei Mondschein zum Kirschbaum begeben.


Barthold Heinrich Brockes, geboren am 22.09.1680 in Hamburg, gestorben am 16.01.1747 in Hamburg.

Sie sehen an den Daten, es steht kein Jahrestag an. Das Gedicht passt einfach so ideal zu Wetter und Garten.

Mehr über den Dichter und seine Werke finden Sie bei Gutenberg.Spiegel.de.

Dienstag, 26. April 2005

Frühlingsglaube

Die linden Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muß sich alles, alles wenden.

Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal:
Nun, armes Herz, vergiß der Qual!
Nun muß sich alles, alles wenden.


Ludwig Uhland wurde am 26.4.1787 in Tübingen geboren. Auch er, wie viele schwäbische Dichter dieser Epoche, ein "Aufmüpfiger" gegen die Obrigkeit.

Mehr über sein Leben und Werke erfahren Sie bei Gutenberg.Spiegel.de, bei litlinks und bei Wikipedia gibt es eine ausführliche Biographie mit vielen weiterführenden Links.

Sonntag, 24. April 2005

Regentropfen aus den Bäumen

Regentropfen aus den Bäumen
Fallen in das grüne Gras,
Tränen meiner trüben Augen
Machen mir die Wange naß.

Wenn die Sonne wieder scheinet,
Wird der Rasen doppelt grün:
Doppelt wird auf meinen Wangen
Mir die heiße Träne glühn.


Klaus Groth, geboren am 24.4.1819 in Heide/Dithmarschen; gestorben am 1.6.1899 in Kiel.

Dieses Gedicht passt so schön zu diesem verregneten Aprilwetter. Mehr über den Dichter und seine Werke gibt es bei Gutenberg.Spiegel.de.

Samstag, 23. April 2005

Sonett LXXV

Du bist der Seele, was dem Leib das Brot,
Was für die Erde milder Frühlingsregen,
Und doch um dich empfind' ich Qual und Not
Wie je ein Geizhals seiner Schätze wegen.
Bald im Besitz frohlockend, daß du mein,
Bald zagend, daß die Zeit mir dich nicht gönnt,
Bald wünsch' ich, wär' ich nur mit dir allein,
Bald daß die ganze Welt mein Glück erkennt.
Bald schwelg' ich lang in deinem Angesicht,
Bald hungre ich nach einem einz'gen Blick,
Denn andre Freuden such' und hab' ich nicht,
Als du mir gibst, als von dir kommt das Glück.
So schwankend Tag für Tag in Lust und Pein,
Hab' ich bald nichts, und bald ist alles mein.


William Shakespeare

Geboren am vermutlich 23.4. (getauft 26.4.) 1564 Stratford-upon-Avon; gestorben am 23.4.1616 Stratford-upon-Avon. Geburts- und Todestag am 23. April.

Mehr muss ich nicht sagen, nur den Linkverweis bei Gutenberg.Spiegel.de und Wikipedia mit Übersichtslinks seiner Werke.

Dienstag, 19. April 2005

Sprüche

von Gustav Theodor Fechner
oder Pseudonym: Dr. Mises

Was ziehet ihr die Stirne kraus
Und sprecht: mit Poesie ist's aus!
Mit Poesie ist's aus mitnichten,
Euch fehlet nur das rechte Dichten.


Gustav Theodor Fechner wurde am 19. April 1801 geboren. Mehr über den Dichter gibt es bei Gutenberg.Spiegel.de zu lesen.

Montag, 18. April 2005

Er schauet der Lesbie durch ein Loch zu

Es dachte Lesbie, sie säße ganz allein,
Indem sie wohl verwahrt die Fenster und die Türen;
Doch ließ sich Sylvius den geilen Fürwitz führen
Und schaute durch ein Loch in ihr Gemach hinein.

Auf ihrem linken Knie lag ihr das rechte Bein,
Die Hand war höchst bemüht, den Schuh ihr zuzuschnüren,
Er schaute, wie das Moos zinnoberweiß zu zieren,
Und wo Cupido will mit Lust gewieget sein.

Es rufte Sylvius: Wie zierlich sind die Waden
Mit warmem Schnee bedeckt, mit Elfenbein beladen!
Er sahe selbst den Ort, wo seine Hoffnung stund.

Es lachte Sylvius. Sie sprach: Du bist verloren
Zum Schmerzen bist du dir und mir zur Pein erkoren:
Denn deine Hoffnung hat ja gar zu schlechten Grund.


Christian Hofmann von Hofmannswaldau
Geboren am 25.12.1616 in Breslau; gestorben am 18.4.1679 in Breslau.

Auch vor rund 350 Jahren war ein guter Schuss Erotik bei den Dichtern im Spiel. Mehr lesen Sie bei Gutenberg.Spiegel.de.

Sonntag, 17. April 2005

Frühlingsabend

Nah rauscht der Fluß durch tiefe Stille
Zu meinem hohen Turmgemach,
Des Abendhauches linde Fülle
Küßt mir der Sehnsucht Knospen wach.
Die schweren Tage wie verschollen,
Die Wochen müd und hoffnungsleer –
Das Leben sprießt, die Wellen rollen,
Die Lust hat ihre Wiederkehr.

Am Himmel sich die Sterne zünden,
Die mir so günstig schon geblinkt,
Ich spüre, daß sie Gutes künden,
Und alle Zweifelsucht versinkt.
Der Lenz webt zarte grüne Schleier,
Bald schwelgt das Tal in Blütenpracht,
Ich atme tiefer, blicke freier
Und tauche heiter in die Nacht.


Karl (Friedrich) Henckell
Geboren 17.4.1864 Hannover; gestorben 30.7.1929 Lindau.

Ein "Viel-Dichter". Mehr über ihn lesen Sie bei Gutenberg.Spiegel.de.
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