zitiert

Freitag, 30. Dezember 2005

Der Schwester zu Silvester

Habe ein heitres, fröhliches Herz
Januar, Februar und März,
Sei immer mit dabei
In April und Mai,
Kreische vor Lust
In Juni, Juli, August,
Habe Verehrer, Freunde und Lober
In September und Oktober,
Und bleibe meine gute Schwester
bis zum Dezember und nächsten Silvester.

Theodor Fontane wurde am 30.12.1819 in Neuruppin geboren; er starb am 20.9.1898 in Berlin.

Mehr Werke gibt es bei Gutenberg.Spiegel.de und eine äußerst umfangreiche Vita bei Wikipedia.

Donnerstag, 29. Dezember 2005

ADAM

STAUNEND steht er an der Kathedrale

steilem Aufstieg, nah der Fensterrose,

wie erschreckt von der Apotheose,

welche wuchs und ihn mit einem Male

niederstellte über die und die.

Und er ragt und freut sich seiner Dauer

schlicht entschlossen; als der Ackerbauer

der begann, und der nicht wußte, wie

aus dem fertig-vollen Garten Eden

einen Ausweg in die neue Erde

finden. Gott war schwer zu überreden;

und er drohte ihm, statt zu gewähren,

immer wieder, daß er sterben werde.

Doch der Mensch bestand: sie wird gebären.


Rainer Maria Rilke
Geboren am 4.12.1875 in Prag, gestorben am 29.12.1926 in Val-Mont bei Montreux.


Mehr zu Rilke, einem der bedeutendsten Lyriker deutscher Sprache, finden Sie bei Gutenberg.Spiegel.de und sehr ausführlich, mit vielen weiterführenden Links bei Wikipedia.

Montag, 26. Dezember 2005

Liebesnähe

Lieb' sei ferne,
Ist doch immer da,
Gleich dem Licht der Sterne
Ewig fern und nah.

Schließt Gedanken
Wohl ein Kerker ein?
Glück und Stunden wanken,
Das Gefühl ist mein.

Leuchte, Sonne!
Wandle, frommer Mond!
Meines Busens Wonne
Hoch mit Göttern thront.

Frühling, scheine!
Winter, stürme kalt!
In der Brust dies Eine
Nimmer wird es alt.

Holde Treue,
Weiß und engelrein!
Wie des Himmels Bläue
Bleibt dein lichter Schein.

Sei denn ferne
Liebe, sei sie nah,
Gleich dem Licht der Sterne
Immer ist sie da.


Ernst Moritz Arndt wurde am 26.12.1769 in Groß-Schoritz auf Rügen geboren, er starb am 29.01.1860 in Bonn.

Mehr über Arndt lesen Sie bei Gutenberg.Spiegel.de oder sehr ausführlich bei Wikipedia.

Freitag, 23. Dezember 2005

Ach liebste laß uns eilen

Ach liebste laß uns eilen
Wir haben Zeit
Es schadet das verweilen
Uns beyderseit.
Der Edlen Schönheit Gaben
Fliehen fuß für fuß:
Daß alles was wir haben
Verschwinden muß.
Der Wangen Ziehr verbleichet
Das Haar wird greiß
Der Augen Feuer weichet
Die Brunst wird Eiß.
Das Mündlein von Corallen
Wird umgestalt
Die Händ' als Schnee verfallen
Und du wirst alt.
Drumb laß uns jetzt geniessen
Der Jugend Frucht
Eh' wir folgen müssen
Der Jahre Flucht.
Wo du dich selber liebest
So liebe mich
Gieb mir das wann du giebest
Verlier auch ich.



Martin Opitz (auch: Martinus Opitius, Opicius, M. O. v. Boberfeld(t), Pseudonym und Gesellschaftsname: Der Gekrönte)

Geboren am 23.12.1597 in Bunzlau; gestorben am 20.8.1639 in Danzig.

Schon lange her, als dieser Dichter wirkte. Dazu lesen Sie bei Gutenberg.Spiegel.de und noch mehr bei Wikipedia. Unter anderem heißt es dort: Opitz wurde von seinen Anhängern Vater und Wiederhersteller der Dichtkunst genannt. Er verfolgte das Ziel, die deutsche Dichtung auf Basis von Humanismus und antiken Formen zu einem Kunstgegenstand höchsten Ranges zu erheben, und es gelang ihm, eine neue Art der Poetik zu schaffen.

Mittwoch, 21. Dezember 2005

Seufzer

Die Nachtigall
Singt überall
Auf grünen Reisen
Die besten Weisen,
Daß ringsum Wald
Und Ufer schallt.

Manch junges Paar
Geht dort, wo klar
Das Bächlein rauschet,
Und steht, und lauschet
Mit frohem Sinn
Der Sängerin.

Ich höre bang'
Im düstern Gang
Der Nachtigallen
Gesänge schallen;
Denn ach! allein
Irr' ich im Hain.


Ludwig Heinrich Christoph Hölty

Geboren am 21.12.1748 in Mariensee bei Hannover; gestorben am 1.9.1776 in Hannover.

Mehr über den Dichter gibt es bei Gutenberg.Spiegel.de zu lesen.

Vom Kirschbaum

Ist alles ganz kahl und still,
nicht mal im Grase sich's regen will,
steht alles geduckt,
klappert im Frost und muckt
mit dem Winter. Der putzt es mit Rauhreif auf,
aber keines gibt was drauf.

Doch im Garten
sagt einer: Ich kann warten.
Ist jemand, du kennst ihn wieder kaum,
so dünn ist er worden: der Kirschenbaum.
Schläft er nicht?
Trau einer dem Wicht!
Heute mittag um eins
gab's mal ein Pröbchen Sonnenscheins:
Darin - ich habe
das deutlich gesehn -
mit seinen Knospen
fingerte der alte Knabe,
ein wenig vorsichtig und geziert,
wie man Badewasser probiert.
Und über seine Runzeln
ging ein Schmunzeln.


Ferdinand (Ernst Albert) Avenarius

Geboren am 20.12.1856 in Berlin, gestorben am 20. oder 22.9.1923 in Kampen/Sylt.

Mehr über Avenarius und seine Werke lesen Sie bei Gutenberg.Spiegel.de oder auch bei Wikipedia.

Dienstag, 13. Dezember 2005

Die Launen der Verliebten

Der Käfer saß auf dem Zaun, betrübt;
Er hat sich in eine Fliege verliebt.

Du bist, o Fliege meiner Seele,
Die Gattin, die ich auserwähle.

Heirate mich und sei mir hold!
Ich hab einen Bauch von eitel Gold.

Mein Rücken ist eine wahre Pracht;
Da flammt der Rubin, da glänzt der Smaragd.

O daß ich eine Närrin wär!
Ein'n Käfer nehm ich nimmermehr.

Mich lockt nicht Gold, Rubin und Smaragd;
Ich weiß, daß Reichtum nicht glücklich macht.

Nach Idealen schwärmt mein Sinn,
Weil ich eine stolze Fliege bin. -

Der Käfer flog fort mit großem Grämen;
Die Fliege ging ein Bad zu nehmen.

Wo ist denn meine Magd, die Biene,
Daß sie beim Waschen mich bediene;

Daß sie mir streichle die feine Haut,
Denn ich bin eines Käfers Braut.

Wahrhaftig, ich mach eine große Partie;
Viel schöneren Käfer gab es nie.

Sein Rücken ist eine wahre Pracht;
Da flammt der Rubin, da glänzt der Smaragd.

Sein Bauch ist gülden, hat noble Züge;
Vor Neid wird bersten gar manche Schmeißfliege.

Spute dich, Bienchen, und frisier mich,
Und schnüre die Taille und parfümier mich;

Reib mich mit Rosenessenzen, und gieße
Lavendelöl auf meine Füße,

Damit ich gar nicht stinken tu,
Wenn ich in des Bräutgams Armen ruh.

Schon flirren heran die blauen Libellen,
Und huldigen mir als Ehrenmamsellen.

Sie winden mir in den Jungfernkranz
Die weiße Blüte der Pomeranz.

Viel Musikanten sind eingeladen,
Auch Sängerinnen, vornehme Zikaden.

Rohrdommel und Horniß, Bremse und Hummel,
Die sollen trompeten und schlagen die Trummel;

Sie sollen aufspielen zum Hochzeitfest -
Schon kommen die bunt beflügelten Gäst,

Schon kommt die Familie, geputzt und munter;
Gemeine Insekten sind viele darunter.

Heuschrecken und Wespen, Muhmen und Basen,
Sie kommen heran - Die Trompeten blasen.

Der Pastor Maulwurf im schwarzen Ornat,
Da kommt er gleichfalls - es ist schon spat.

Die Glocken läuten, bim-bam, bim-bam -
Wo bleibt mein liebster Bräutigam? - -

Bim-bam, bim-bam, klingt Glockengeläute,
Der Bräutgam aber flog fort ins Weite.

Die Glocken läuten, bim-bam, bim-bam -
Wo bleibt mein liebster Bräutigam?

Der Bräutigam hat unterdessen
Auf einem fernen Misthaufen gesessen.

Dort blieb er sitzen sieben Jahr,
Bis daß die Braut verfaulet war.


(Eine wahre Geschichte, nach ältern Dokumenten wiedererzählt und aufs neue in schöne deutsche Reime gebracht)

Heinrich Heine, geboren am 13.12.1797 in Düsseldorf, gestorben am 17.2.1856 in Paris.

Mehr über Heine erfahren Sie bei Gutenberg.Spiegel.de sowie bei Wikipedia.

Dienstag, 29. November 2005

Serenade

Wenn vom Berg mit leisem Tritte
Luna wandelt durch die Nacht,
Eil ich zu des Liebchens Hütte,
Lausche ob die Holde wacht.
Seh ich dort die Lampe glühen,
In dem stillen Kämmerlein,
Möcht ich wie der Lampe milder Schein
Spielend um die zarten Wangen ziehen.

Mit des Lichtes schönsten Strahlen
Zög ich um mein liebes Kind,
Farben wollt ich um sie malen,
Wie sie nur am Himmel sind;
Sände Schlummer ihr aufs Auge,
Löschte sie des Lämpchens Schein,
War ihr letzter, süßer Blick noch mein,
Und ich stürbe sanft an ihrem Hauche.

Nimmer darf ich um sie weben,
Wie der Lampe milder Schein,
Doch mein Lied darf zu ihr schweben,
Darf der Liebe Bote sein.
Schwebt denn Töne meiner Laute
Zu des Liebchens Kämmerlein,
Wieget sie in süße Träume ein,
Und dann flüstert: »Denke mein du Traute.«

Wilhelm Hauff wurde am 29. November 1802 in Stuttgart geboren. Er starb - erst 24jährig - am 18. November 1827 in seiner Heimatstadt.

Mehr über Wilhelm Hauff erfahren Sie bei Gutenbeg.Spiegel.de und auch bei Wikipedia.

Montag, 28. November 2005

Das Seelchen

Ich lag im Gras auf einer Alp,
In selge Bläuen starrt ich auf -
Mir war, als ob auf meiner Brust
Mich etwas sacht betastete.
Ich blickte schräg. Ein Falter sass
Auf meinem grauen Wanderrock.
Mein Seelchen wars, das flugbereit,
Die Schwingen öffnend, zitterte.
Wie sind die Schwingen ihm gefärbt?
Sie leuchten blank, betupft mit Blut.


Mehr Gedichte von Conrad Ferdinand Meyer lesen Sie bei Gutenberg.Spiegel.de. Heute ist des Dichters 107. Todestag.

Samstag, 26. November 2005

Herbst

Es ist nun der Herbst gekommen,
Hat das schöne Sommerkleid
Von den Feldern weggenommen
Und die Blätter ausgestreut,
Vor dem bösen Winterwinde
Deckt er warm und sachte zu
Mit dem bunten Laub die Gründe,
Die schon müde gehn zur Ruh.

Durch die Felder sieht man fahren
Eine wunderschöne Frau,
Und von ihren langen Haaren
Goldne Fäden auf der Au
Spinnet sie und singt im Gehen:
Eia, meine Blümelein,
Nicht nach andern immer sehen,
Eia, schlafet, schlafet ein.

Und die Vöglein hoch in Lüften
Über blaue Berg und Seen
Ziehn zur Ferne nach den Klüften,
Wo die hohen Zedern stehn,
Wo mit ihren goldnen Schwingen
Auf des Benedeiten Gruft
Engel Hosianna singen
Nächtens durch die stille Luft.

Joseph (Karl Benedikt) Freiherr von Eichendorff), geboren am 10.3.1788 auf Schloß Lubowitz bei Ratibor/Oberschlesien; gestorben am 26.11.1857 Neisse/Schlesien

Mehr über diesen großen (und fleißigen Dichter) lesen Sie bei Gutenberg.Spiegel.de oder bei Wikipedia. Sein wohl bekanntestes Werk ist "Aus dem Leben eines Taugenichts".
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