Dienstag, 15. März 2005

Scherzhafte Gedanken über die Rosen

An Rosen such ich mein Vergnügen,
An Rosen, die die Herzen ziehn,
An Rosen, die den Frost besiegen
Und hier das ganze Jahr durch blühn,
An Rosen, die wir bei den Linden,
Sonst nirgends leicht so reizend finden.

Man lobt die bräunlichen Violen,
Sie sind auch ihres Lobes wert;
Doch weil sie nur die Kinder holen,
So bin ich nicht für sie erklärt
Und wähle mir die holden Strahlen,
Womit die vollen Rosen prahlen.

Erhebt mir nicht die Kaiserkronen,
Die sonder Kraft und Balsam sind;
Entfernt euch mit den Anemonen,
Ihr Nam' und Ruhm ist nichts als Wind;
Narzissen sind im besten Lande
Ein AbrißAbbild von dem Unbestande.

Die Rose trägt das Blut der Götter
Und ist der Blumen Königin,
Ihr Antlitz sticht das schönste Wetter
Und selbst Aurorens Wangen hin,
Sie ist ein Stern der milden Erden
Und kann von nichts verfinstert werden.

Die Ros' erquickt die blöden Sinnen
Und hat das beste Zuckerrohr;
Ihr goldner Umfang bricht von innen
So wie die Sonn' aus Nacht hervor;
Die Rose nährt die süßen Triebe
Und reizt die Liebe selbst zur Liebe.

Mit Rosen schmück ich Haupt und Haare,
Die Rosen tauch ich in den Wein,
Die Rose soll für meine Jahre
Die allerbeste Stärkung sein,
Die Rose zieret meine Flöten
Und krönt mich mächtigen Poeten.

Auf Rosen mach ich gute Reime,
Auf Rosen schläfet meine Brust,
Auf Rosen hab ich sanfte Träume
Von still' und warm' und weicher Lust,
Und wenn ich einst von hinnen fahre,
So wünsch ich Rosen auf die Bahre.

O dürft ich nur bei einer Rose
Wie Bienen Honig naschen gehn!
Ich ließe wahrlich unserm Bose
Den schön' und teuren Garten stehn
Und wollt es mir bald angewöhnen,
Mich nie nach fremder Kost zu sehnen.

Mit dieser Rose will ich scherzen,
Und hier erschreckt mich nicht der Dorn;
Denn bei verliebt' und schönen Herzen
Ergötzt uns oft ein kleiner Zorn,
Und so viel Anmut abzubrechen,
Verachtet man ein kurzes Stechen.


Die Rose ist zugleich Bild für Johann Christian Günthers Leipziger Geliebte Anna Rosina Lange (Rosette).

Johann Christian Günther wurde nur knapp 28 Jahre alt. Er verstarb verarmt heute vor 202 Jahren. Heute sind seinWerke nur noch wenigen bekannt. Sie lohnen aber zu lesen. Mehr finden Sie bei Gutenberg.Spiegel.de.
logo

Versblog

Lyrik Reime Sprüche

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Archiv

März 2005
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 4 
 5 
 6 
13
28
29
 
 
 
 

Aktuelle Beiträge

Wie mag er aussehen?
Wer hat zum Steuerbogenformular den Text erfunden? Ob...
immo de - 17. Nov, 19:19
Zwei Käfer auf der Mauer
Zwei Käfer auf der Mauer, die Amsel auf der Lauer, die...
immo de - 19. Sep, 09:08
Herbst
Draußen ist's kalt, es herbstelt halt. Das Jahr wird...
immo de - 19. Sep, 07:53
Augen in der Großstadt
Wenn du zur Arbeit gehst am frühen Morgen, wenn du...
immo de - 21. Dez, 11:01
Seine Hände blieben wie...
Seine Hände blieben wie blinde Vögel, die, um Sonne...
immo de - 4. Dez, 07:52
Schriftsteller
Es ist kein Autor so gering und klein, Der nicht dächt...
immo de - 29. Nov, 15:44
Bin einmal ein Narr gewesen
Bin einmal ein Narr gewesen, Hab geträumet, kurz doch...
immo de - 18. Nov, 09:07
Lampe und Spiegel
»Sie faule, verbummelte Schlampe,« Sagte der Spiegel...
immo de - 17. Nov, 14:24
Wintermorgen
Ein trüber Wintermorgen war's, Als wollt' es gar nicht...
immo de - 13. Nov, 08:05
Die Ordnung
Es hat der Blitz an' Esel derschlag'n, Da hat si' a...
immo de - 11. Nov, 08:17

Status

Online seit 7112 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 17. Nov, 19:19

Credits

powered by Antville powered by Helma


Creative Commons License

xml version of this page
xml version of this page (summary)

twoday.net AGB

Mit Bloglines abonnieren stats3991

aufgelesen
heiter
Schreibwerkstatt
so halt
traurig
zitiert
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren